Dieser Kodex wurde in den Räumen der Evangelischen Kirchengemeinde A.B. Bukarest zwischen dem 14. und dem 16. November 2024 unter der Federführung von ZETO und mit Hilfe von Partnerkirchen erarbeitet. Er wurde am 23. November 2024 der Landeskirchenversammlung (Synode) der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien vorgestellt.

                         

I. Mission ist immer „Missio Dei“ und damit Teilhabe an dem Erlösungshandeln Gottes durch Jesus Christus.

Institutionelle Hintergründe sind wichtig, sie können in Missionsfragen aber  immer nur sekundär sein. Wir sind uns bewusst, dass missionarisches Wirken  sowohl lokal als auch global ist.

Die Auseinandersetzung um den Begriff ist uns bewusst, sie darf aber die  Sache nicht verdunkeln. Gemeindeaufbau kann Teil von Mission sein,  allerdings ist Mission mehr als Gemeindeaufbau.

II. Mission ist sowohl explizite als auch implizite Mission.

Missionarisches Handeln beginnt nicht nur erst dort, wo das Wort verkündigt wird, sondern schon dort, wo es gelebt wird.

Das Verständnis und die Unterscheidung von expliziter und impliziter  Mission sind vielfältig. Infrage kommt Evangelisation versus Dienst an der  vorhandenen Gemeinde, ebenso wie „intentionale Nennung des Namens  Jesu“ versus Fehlen dieses Merkmals. Je nach Missionskonzept werden die  Handlungsschwerpunkte anders gesetzt.

III. Mission hat die ganze Gesellschaft, in der die lokale  evangelische Kirchengemeinde lebt, im Blick.

Die Vorstellung, nur für die eigenen Gemeindeglieder da zu sein und nur  diesen die Botschaft des Heils zu verkündigen, ist uns zu eng.

IV. Wir sind uns bewusst, dass unsere Stimme nur eine Stimme in der  Gesellschaft ist.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Missionsauftrag an alle Christen und Christinnen, an Ordinierte und Nichtordinierte geht, und freuen uns, wenn jeder und jede, mit seinen und ihren  Gaben wirkt.

Wir wollen nicht, dass nur Pfarrer und Pfarrerinnen sich beauftragt fühlen,  Gottes Botschaft in die Welt zu tragen. Wir wissen, dass man auf uns sieht,  und wissen, dass Gemeindeleben ausstrahlt und anzieht – oder aber abstößt.

Wir sind ein „Brief Christi“. Wir arbeiten gerne mit anderen Organisationen  zusammen, wissen uns aber dem Ziel der Mission verpflichtet.

Eine besondere Rolle spielt die Oberbehörde. Wir erwarten von ihr, dass sie  die Arbeit an der Basis wertschätzt sowie anerkennt und ihre Glieder durch  Schulungen weiterbildet und auf mannigfaltige Weise ermutigt.

V. Wir schätzen die Vielfalt in dem missionarischen Wirken von Brüdern und Schwestern und suchen Formen des Austausches untereinander.

Es darf keine hierarchische Rangordnung der Missionskonzepte geben,  unabhängig davon, ob diese Jesu Nachfolge, das Wirken des Heiligen Geistes  in der Gemeinde oder den Schöpfungswillen Gottes des Vaters in den  Mittelpunkt stellen.

VI. Wir sind uns bewusst, dass das Gelingen immer auch an der Authentizität und Empathie einzelner Schlüsselpersonen liegt.

Wir beziehen unsere Stärke aus der Gewissheit, von Gott geliebt zu werden,  und sehen ihn als den wahren Urheber an.

Beim gemeinsamen Essen und Trinken, Lachen und Weinen, Sprechen und  Hören, machen wir etwas von der Freude des Evangeliums spürbar. Mission  wird im Team entwickelt und implementiert.

Man ergänzt sich gegenseitig, und wenn eines der Glieder schwach wird oder  Hilfe braucht, stehen ihm die anderen bei. Die eigenen Familien von  missionarisch Aktiven dürfen nicht vernachlässigt werden.

VII. Wir handeln im Wissen darum, dass wir eine kleine  Minderheitenkirche in der Diaspora sind.

Da wir glauben, dass Mission „Missio Dei“ ist – und nicht unser Wirken -, tun  wir nur so viel, wieviel unsere Person, unsere evangelische Kirchengemeinde  tragen kann

Wir überschätzen uns nicht. Dort wo die Kräfte nicht reichen, nehmen wir  uns die Freiheit, als erstes den eigenen Gemeindegliedern zu dienen und somit  Gemeindeaufbau zu tun. Wir bitten um die Weisheit, dort loszulassen, wo  unsere Kräfte nicht mehr reichen.

Wir müssen kein schlechtes Gewissen haben, weil wir mehr tun könnten, oder  aber, dass die Erwartungen viel größer sind als unsere Kraft darauf zu  antworten.

VIII. Wir freuen uns, wenn durch missionarisches Wirken neue  Menschen an unserem Gemeindeleben teilnehmen.

Wir stellen fest, dass wir in einer großen und vielfältigen Gemeinschaft leben,  die unsere evangelischen Kirchengemeinden schätzt, respektiert und besucht.  Wir sind offen für Gläubige anderer Konfessionen und Religionen und zielen  nicht in erster Linie darauf ab, sie formal zu Gemeindegliedern werden zu  lassen.

So wie wir Menschen freundlich in unsere Gemeinden aufnehmen, so lassen  wir sie auch wieder gehen, wenn ihre persönliche Entwicklung sie weiterführt.

IX. Wir begegnen anderen Menschen, Gemeinschaften, Lebensentwürfen, Konfessionen und Religionen mit Respekt und eigener Lernbereitschaft.

Wir wissen, dass unser Art des Glaubens nicht für alle die einzig richtige ist,  selbst wenn sie es für uns persönlich ist.

Wir leben die Haltung Jesu von Nazareth, dass jeder Mensch von und vor  Gott eine Würde hat.

Wir haben keine Angst vor Dialog, wehren uns aber gegen Überheblichkeit  von Seiten anderer.

X. Wir haben den Mut aufzuzeigen, wie gut und schön es ist, nicht nur Freund, sondern Glied der evangelischen Kirchengemeinde zu sein.

Wir wollen keine Proselytenmacherei betreiben, allerdings uns auch nicht  von Kritik anderer klein machen lassen.

Wir wollen uns weder von der orthodoxen Schwesterkirche noch von anderen  Instanzen von unserer Art, Menschen das Heil zu verkündigen, abbringen  lassen.

XI. Wir danken allen denen, die seit 30 Jahren die Transition von einer Kirche, die nach innen schaut, zu einer Kirche, die in der Gesellschaft aktiv ist, getragen und vorangebracht haben.

Wir beginnen mit missionarischem Handeln nicht erst heute, sondern bauen  auf das Wirken vieler auf.

Wir fragen nach den positiven und negativen Erfahrungen unserer Vorgänger und Vorgängerinnen. Geschichte werfen wir nicht über Bord. „Es war immer  schon so“ hinterfragen wir aber sachlich und in Nächstenliebe.

XII. Wir sind uns bewusst, dass Mission jeweils bedeutet, sich  in den kulturellen und sozialen Kontext anderer zu begeben.

Wir wollen Rumänen, Ungarn oder Roma, die sich dem evangelischen  Glauben zuwenden, nicht zu Siebenbürger Sachsen machen. Wir haben  festgestellt, dass die eigene Identität durch eine Sprachübersetzung (deutsch rumänisch) nicht verloren geht.

Wir lernen von unseren interkonfessionellen Partnern, dass Sprachanpassung  neue Türen öffnen kann, wissen aber gleichzeitig, dass eine sprachliche  Übersetzung noch nicht bedeutet, sich in einen anderen kulturellen Kontext  begeben zu haben.

Wir wissen um die Spannung, die entsteht, wenn Menschen unterschiedlicher  ethnischer Prägungen, Milieus und Generationen in einer Gemeinde  zusammenleben, und suchen lokale Lösungen.

XIII. Wir sind dankbar für die vielen Kirchen, Kirchenburgen,  Pfarrhäuser und Schulen, die wir zu Orten der Selbsterkenntnis  vor Gott, Begegnung untereinander und zu Orten der  Spiritualität umwandeln dürfen.

Wir respektieren diejenigen, die sich der Aufgabe zuwenden, das bauliche  Erbe unserer Kirche zu erhalten. Wir wissen, dass Glaube Orte braucht, und  dass der Glaube selbst eine „feste Burg“ ist.

Wir erkennen, dass unsere „festen Burgen“ ein nicht zu vernachlässigendes  Missionsfeld sind, in dem weit über die Grenzen der evangelischen  Kirchengemeinden Glaube vermittelt wird.

XIV. Wir sehen die Möglichkeiten, gleichzeitig aber auch die  fordernden Erwartungen, im Rahmen von Kultur, Sprache,  Schule, Tourismus oder Nächstendienst.

Wir schätzen es, dass in unseren Kirchen an Festen hunderte von Kindern  und Eltern die christliche Botschaft, wie sie von uns verkündigt wird, hören.

Wir anerkennen mit Freude, dass hunderttausende Gäste unsere Kirchen in  ihrer freien Zeit aufsuchen.

Wir sind froh darüber, dass uns Eltern ihre Kinder in Religionsstunden,  Rüstzeiten und Jugendgruppen anvertrauen.

Wir öffnen die Türen unserer Kirchen, damit unsere Nachbarinnen und  Nachbarn in unseren Konzerten durch Musik die Verkündigung des  Evangeliums hören können.

Die Arbeit an und mit diesen Menschen wird als Missionsarbeit anerkannt,  auch wenn sie weder Gemeindeglieder der evangelischen Kirche A.B. sind  noch dies werden wollen.

XV. Wir wissen, dass missionarisches Wirken durch die Unterstützung von Strategien und Strukturen erfolgreicher sein kann als nur durch individuelles Wirken.

Wir wollen nicht nur Papiere und runde Tische produzieren, sondern das Tun  derjenigen, die sich konkret für die Mission einsetzen, unterstützen.

Wir wollen in der Strategie der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien die  notwendigen Mechanismen einbauen, die missionarisches Wirken fördern.

XVI. Wir stellen das Licht auf einen Leuchter.

Mission darf nicht aus Angst heraus geschehen, wie etwa wegen dem  Schwund von Gemeindegliedern, Verlust von gesellschaftlicher Relevanz der  Kirche oder finanziellen Engpässen.

Wir arbeiten mit Demut, aber im vollen Bewusstsein dessen, dass wir mit  unseren Gaben ein Leuchtturm in der Gesellschaft sind.

Wir machen auf unsere Arbeit in der Öffentlichkeit aufmerksam, handeln  nach dem Grundsatz: „Tue Gutes und spreche darüber“ Zu diesem Zweck  nutzen wir altbewährte wie neue Medien.

Wir haben Teil am öffentlichen Diskurs und ziehen uns nicht hinter Mauern  zurück („Öffentliche Theologie“). Offene Türen sind ein Zeichen der Mission.