Die Jassyer evangelische Gemeinde
Im Laufe der Jahrhunderte waren Deutsche in der Moldau und in Jassy in kleinerer oder größerer Zahl anzutreffen. Angeblich soll es sogar im 18. Jh. eine Kirche gegeben haben, denn Dimitrie Cantemir erwähnt in seiner „Beschreibung der Moldau“, dass beim großen Brand der Stadt Jassy 1753 auch die evangelisch-lutherische Kirche abgebrannt sei. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts konnte eine Kirche gebaut werden. 1812 starb während des russisch-türkischen Krieges in Rîmnicu Sărat der russische Generalmajor Johann von Städter, ein Deutschbalte. Sein Sohn ließ ihn in Jassy beisetzen, da sich hier die am nächsten gelegene evangelische Gemeinde befand. Als Andenken an seinen Vater ließ er neben dessen Grab eine Kirche errichten, die ein Jahr später fertig war. So erhielt die Jassyer Gemeinde das lang ersehnte Gotteshaus, das sie aus eigenen Mitteln nicht hätten finanzieren können. Wie die Bukarester evangelische Gemeinde stand auch die Jassyer bis zum Ende des Ersten Weltkriegs unter Preußischem Protektorat. Erst nach 1921 gehörte sie der siebenbürgischen Landeskirche A. B. an, woher seither auch ihre Pfarrer kamen.
Bis 1944 zählte die Jassyer Gemeinde zwischen 100 und 400 Seelen. Der Abzug der bis August 1944 in Jassy stationierten deutschen Truppen und mit ihnen des letzten evangelischen Pfarrers (der ein Soldatenpfarrer war), aber auch der Mehrheit der Deutschen brachten große Veränderungen für die Gemeinde. Diese schrumpfte 1945 auf eine geringe Zahl zusammen, sodass keine Gottesdienste mehr abgehalten wurden. Die evangelische Kirche wird seither von einer orthodoxen Gemeinde genutzt, die sie im Inneren ganz für ihren neuen Zweck veränderte. Während der kommunistischen Zeit gab es praktisch kein Gemeindeleben, obwohl nach 1965 viele evangelische Deutsche zu oder nach dem Studium nach Jassy kamen.
Erst nach April 1990, nach der Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen, begann man daran zu denken, wieder eine evangelische Gemeinde zu gründen. Als Prof. Dr. Paul Philippi, der damalige Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, im Sommer 1990 auch das Jassyer Forum besuchte, wurde er von Astrid Agache gebeten, einen Gottesdienst abzuhalten. Seither fanden bis 1994 mehrmals im Jahr, sporadische Gottesdienste statt, die verschiedene Pfarrer – meistens aus Siebenbürgen, aber auch aus Deutschland, die unsere Stadt besuchten – hielten. Nach 1994 kam etwa viermal im Jahr ein Pfarrer aus Bukarest. 1997 wurde die Gemeinde im Beisein von Bischof D. Dr. Christoph Klein offiziell rekonstituiert und nun ganz offiziell von Bukarest aus weiterhin betreut. Im Juli 1997 fand auch die erste Konfirmation statt, bei der vier Jugendliche, bzw. zwei Geschwisterpaare Cristian und Ana-Maria Scutaru sowie Alexander und Christine Agache vom damaligen Bukarester Stadtpfarrer Christian Plajer in der Kapelle des römisch-katholischen Instituts, die uns freundlicherweise vom katholischen Bischof Petru Gherghel für diesen feierlichen Akt zur Verfügung gestellt wurde, konfirmiert wurden. Ihr folgten 2002 (sieben Konfirmanden) und 2003 (zwei Konfirmanden) weitere Konfirmationen. 2008 gab es auch eine Taufe.
Seit 1994 finden die Gottesdienste im großen Raum des Deutschen Forums statt, der dann zu jenem Zweck vorbereitet wird: Aus einer Gemeinde in Leverkusen bekamen wir 2002 einen Satz Antependien für Altar und Kanzel und aus Wolkendorf ein Abendmahlsgeräte, das früher der Gemeinde Buhuşi gehörte und das neu versilbert und vergoldet wurde.
Zwischen 2001 und 2003 wurde die St. Johannesgemeinde in Jassy (wie sie bis 1945 genannt wurde) von Pastorin Jutta Weiß von der nordelbischen Kirche betreut, sodass zwei Jahre lang jeden zweiten Sonntag Gottesdienst gefeiert werden konnte. Die Orgel spielte meistens Frau Alice Simion. In dieser Zeit ist die Gemeinde stark zusammengewachsen. Seither ist es zu einer schönen Tradition geworden, dass nach besonderen Gottesdiensten zu Ostern, Weihnachten oder anlässlich von Besuchen zum gemeinsamen Essen eingeladen wird. Überhaupt gibt es seit dem Abgang von Frau Pastorin Weiß regelmäßig jeden zweiten Sonntag Lektorengottesdienst, den freundlicherweise Frau Alice Simion, die gleichzeitig auch die Orgel spielt, hält. Mehrmals im Jahr wird die Gemeinde von den Pfarrern aus Bukarest, von Herrn Stadtpfarrer Dr. Daniel Zikeli und von Herrn Pfarrer Andrei Pinte, besucht, wofür wir jedes Mal sehr dankbar sind. Ebenfalls freuen wir uns, wenn auch andere Pfarrer nach Jassy kommen, so wie in den letzten Jahren Pfarrer Uwe Seidner aus Wolkendorf.
Zurzeit zählt die Jassyer Gemeinde 18 Mitglieder, aber an den Gottesdiensten nehmen oft auch Nichtevangelische, meistens die orthodoxen Ehemänner, teil. Den Gemeinderat bilden vier Frauen: Lektorin Alice Simion, Kuratorin Dr. Astrid Agache, Kassenwart Dr. Brigitte Scutaru und Metta Amarandei. Die Mitglieder des Gemeinderats sind auch auβer-gottesdienstlich tätig. So machen sie gelegentliche Besuche bei kranken und behinderten Personen, organisieren die Nächstenhilfe (Päckchen zu Ostern und Weihnachten), aber auch die zur Tradition gewordenen Adventsfeiern mit Chorgesang und Instrumentalmusik oder die Bastelvormittage für Kinder sowie verschiedene Reisen „in die Vergangenheit“ der Gemeindemitglieder.