Lutheraner in der Dobrudscha

Diasporagemeinde Konstanza

In ihrer Mehrzahl waren die Dobrudschadeutschen evangelisch; in ihrer kirchlichen Betreuung waren sie in vier Kirchspielen zusammgefasst: Die älteste evangelische Gemeinde war Atmagea (1848), wo übrigens die erste ehemalige evangelische Kirche (1861) auch heute noch steht (frisch saniert).

Vor hier wurden die nördlich gelegenen deutschen Siedlungen betreut.

Das zweite Kirchspiel umfasste die Gemeinden Kodschalak und Tariverde.Tariverde war die erste evangelische Kirche der Dobrudscha welche sich eine kleine Orgel anschaffte. Bei der Umsiedlung (1940) wurde beschlossen, diese Orgel, drei Glocken, sowie die Kirchenbänke der im Bau befindlichen Kirche von Ploiești zu schenken. Ob diese Gegenstände dort ankamen, entzieht sich meines Wissens.

Cobadin betreute die im Süden gelegenen Dörfer der Dobrudscha.

Das Pfarramt Konstanza versorgte die in unmittelbare Nähe der Stadt gelegenen Ortschaften, von Lumina bis Schitu, sowie die damalige Vorstadt Neue Weingärten.

Die Anfänge der Bildung einer deutschen evangelischen Gemeinde in Konstanza – Anadalchioi gehen auf das Jahr 1883 zurück. Vorerst wurden alle evangelische Gemeinden der Dobrudscha vom evangelischen Oberkirchenrat zu Berlin betreut, um erst im Jahre 1924 der evangelischen Landeskirche A. B. in Rumänien anzugehören.

Der Bau der Kirche in Konstanza begann 1892, sie wurde 1896 eingeweiht. Diese Kirche hatte eine sehr traurige Geschichte: Im Jahre 1963 wurde Pfarrer Gotthilf Weingärtner gezwungen ein Gesuch einzureichen, wo er die Kirche als baufällig erklärte. Im selben Jahr wurde sie abgerissen. Der eigentliche Grund war ein ganz anderer: gegenüber der Kirche wurden am 1. Mai und am 23. August die Festtribüne aufgebaut. Die Kirche war den “Genossen” ein Dorn im Auge und so musste sie verschwinden. Der kleinen Gemeinde wurde die ehemalige bulgarische Kirche zur Verfügung gestellt. Pfarrer Weingärtner hat bis zu seinem Lebensende (1980) die evangelischen Kirchengemeinden von Konstanza und Galatz betreut. Anschlieβend richtete die langjährige und verdienstvolle Kuratorin Martha Ion (geb. Koch) in der daneben gelegen Pfarrerwohnung, einen Gebetsraum ein. Gegenwärtig finden die Gottesdienste in einem Saal der ehemaligen deutschen evangelischen Schule, in der heutigen Begegnungsstätte der Deutschen, statt.

Aus der ehemaligen deutschen Kirche konnte das Altarbild “Christus betend in Gethsemane”, gemalt und der Kirche geschenkt von einer englischen Dame Frl. Spedding, gerettet werden.

Heute wird unsere kleine Diasporagemeinde von der evangelischen Kirche A. B. aus Bukarest versorgt, gehörend zum Kirchenbezirk Kronstadt.

Unsere Gemeinde zählt zurzeit 28 Kirchenglieder. Davon beherrschen die Mehrzahl die deutsche Sprache (21). Einige unserer Gläubigen können aus Alters- oder Gesundheitsgründen den Gottesdienst leider nicht besuchen. 16 Personen sind Rentner. Jugendliche gibt es sehr wenige (5 Personen). In der Altersgruppe von 60 bis 70 Jahren sind 7 Kirchenglieder, die übrigen sind älter.

Zum Gottesdienst erscheinen regelmäβig 15 bis 17 Personen. Die Mehrheit der Gläubigen stammen aus Siebenbürgen,welche in den Jahren 1950 bis 1960 in diese Landesgegend verschlagen wurden.

Im Vorraum des Betraumes befindet sich eine Ausstellung, wo auf vier Schautafeln die heutigen noch sichtbaren Spuren deutscher Vergangenheit zu sehen sind (ehemalige deutsche Kirchen, Friedhöfe, Grabsteine sowie typisch dobrudschadeutsche Häuser).

Nach dem Gottesdienst gibt es jedesmal ein gemütliches Beisammensein mit Kaffee und Gebäck. Es ist ein ergreifendes Gefühl, dass wir hier in Konstanza nicht verlassen und vergessen dastehen.

Erhardt Fraymayer

Kurator in Konstanza