Mittwoch, 11. Juni 2014Zu Pfingsten ist Gemeindefest

Von: Rohtraut Wittstock

Bukarest – Der Pfingstgottesdienst in der evangelischen Kirche der Hauptstadt hatte diesmal einen ungewöhnlichen Auftakt: Zum feierlichen Einzug der Pfarrer, der Kirchenväter, Gemeindepreisträger und Presbyter ertönten, statt der üblichen Orgelmusik, Blasmusikklänge und der Altar war nicht nur mit schönen Blumensträußen geschmückt, sondern an beiden Seiten stand je eine junge Birke – ein Brauch, der in Siebenbürgen und in Deutschland zwar üblich ist, bisher aber in Bukarest nicht gepflegt wurde. Saßen in den ersten Reihen zu Pfingsten sonst die Konfirmanden, die gerade konfirmiert werden sollten, waren es nun, aus Mangel an solchen, die Kinder, die sich nach der Schriftlesung zur Kinderstunde zurückzogen.

Wie in all den letzten Jahren fand im Anschluss an den Pfingstgottesdienst bei strahlendem Sonnenschein – und gehöriger Hitze – das Gemeindefest im Kirchhof statt.

Verbunden mit dem Gottesdienst war diesmal auch die Überreichung des Gemeindepreises 2014. Verliehen wurde er Horst Schmalbrock vom Deutschen Roten Kreuz, Ortsverein Hille, und Friedrich Hüsener von der Freiwilligen Feuerwehr in Oberlübbe/Unterlübbe, Ortsteile der Gemeinde Hille in Nordrhein-Westfalen. Bald ein Viertel Jahrhundert lang haben sie sozusagen jährlich – manchmal auch zweimal im Jahr – einen Hilfstransport mit mehreren Sattelschleppern nach Rumänien und insbesondere Bukarest organisiert. Es waren 25 Hilfstransporte in 24 Jahren. Stadtpfarrer und Bischofsvikar, Dr. Daniel Zikeli, hatte schon in seiner Predigt darauf hingewiesen, dass sich auch in solchen tatkräftigen Hilfeleistungen der lebendige Geist Gottes und seine Kraft widerspiegeln.

Initiator dieser nachhaltigen Hilfsaktion war der ehemalige Pfarrer der Gemeinde Oberlübbe, Ulrich Ellermann. Mit großem Einsatz arbeitete er mit Horst Schmalbrock und vielen anderen Helfern am Sammeln von Spenden, mehrere Transporte hat er persönlich begleitet. Zur Bukarester Gemeinde wurde eine enge Beziehung aufgebaut. Bedauerlicherweise starb er vor einigen Jahren. Zu seinem Gedenken wurde während des Pfingstgottesdienstes im Vorraum der Kirche eine Gedenktafel enthüllt. Eine weitere aus diesem Anlass enthüllte Tafel hält die Träger des Gemeindepreises fest, auf ihr sind nun auch die Namen von Horst Schmalbrock und Friedrich Hüsener vermerkt.

Die Laudationes hielten Kurator Gerhard von Hannenheim und Presbyter Prof. Dr. Johann Neuner. Sie umrissen nicht nur die Persönlichkeit der beiden Preisträger, sondern sprachen auch den tiefen Dank der Gemeinde für die anhaltende Hilfe aus. Deutlich wurde die Vertiefung der Beziehungen zwischen Spendern und Empfängern. Beide Preisträger waren schon beim ersten Hilfstransport im Februar 1990 dabei. Lebensmittel, Kleidung, Medikamente, medizinische Geräte linderten nicht nur die Not vieler Gemeindemitglieder, denn die Hilfe erstreckte sich auch auf Gemeinden in anderen Städten, auf Krankenhäuser und Kinderheime. Unterstützt wurden über die einzelnen Gemeindeglieder hinaus die Diakoniestation und der Kindergarten der Bukarester evangelischen Gemeinde.

Sie nehmen die Ehrung stellvertretend für die zahlreichen anderen Helfer in Hille entgegen, betonten die beiden Preisträger wiederholt. Jede Hilfsaktion setzt eine mühsame Arbeit im Vorfeld voraus: Spenden werden eingeworben, Sachspenden werden sortiert, gelagert, verpackt und schließlich transportiert. Da sind viele Hände am Werk, manchmal ganze Familien, wie das bei Friedrich Hüsener der Fall ist, wo auch die Söhne und Neffen anpackten und sich auf die lange Reise in den Osten Europas machten. Das Rote Kreuz, die Freiwillige Feuerwehr, die Gemeinde Hille und viele einzelne Rumänienhelfer waren in diese Aktion eingebunden. Beschenkt dadurch wurden nicht nur die Spendenempfänger, sondern auch die Spender selbst, stellte Horst Schmalbrock klar. „Es war eine Hilfserfahrung, die wir nicht missen möchten. Wir haben wahre Freunde gefunden. Ich fühle mich diesem Land verpflichtet. Wir haben dieses Land lieben gelernt“, sagte er. Und die Laudatio zitierte aus der Chronik der Evangelischen Lutherischen Kirchengemeinde Oberlübbe: „Das ganze Dorf wuchs zu einer großen Hilfsgemeinschaft zusammen.“

Nach 40-jähriger Dienstzeit zieht sich Horst Schmalbrock in den Ruhestand zurück. Man wird erst sehen, was das bei diesem Mann der Tat bedeutet.

Die beiden Preisträger waren nicht alleine angereist, sondern mit einem ganzen Team von Rumänienhelfern – und natürlich auch mit einem Hilfstransport, vor allem mit medizinischen Geräten. Nach dem Gottesdienst konnten die Gäste beim Gemeindefest mit den Teilnehmern ins Gespräch kommen. Die Blasmusik der baptistischen Gemeinde sorgte für frohe Stimmung, bei Grill, Getränken und Kuchen konnte man sich über die gepflegte Gemeinschaft freuen.

Quelle: www.adz.ro

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